Dr. Franz Heinevetter (1885 - 1949) - Direktor Oberschlesisches Museum Gleiwitz

von Matthias Heinevetter - 26.04.2021

Die Lebensgeschichte von Dr. Franz Heinevetter (1885 – 1949), Sohn von Georg Heinevetter (1848 – 1926) – ein Bruder des Herrnschmieds Franz-Xaver Heinevetter (1857 – 1942) – hat sehr spannende Facetten.
Georg und Franz-Xaver wiederum waren Söhne des Ur-Ur-Großvaters (d. Autors) Martin Heinevetter (1807 – 1891).

Diese Geschichte führt uns ins deutsche Kaiserreich des ausgehenden 19. Jh., ins Eichsfeld (seit 1803 preußisch), nach TreffurtErfurtLeipzig, in das preußische Oberschlesien mit seiner Metropole Breslau, von dort nach Gleiwitz sowie zurück in das kriegszerstörte und von Besatzungstruppen besetzte “neue” Land Thüringen – nach Erfurt – ab 1945.

Der Vater Georg Johann Heinevetter wurde als Sohn von Herrnschmied Martin Heinevetter (Senior) (1807-1891) und seiner Ehefrau Catharina, geborene Rhode (1819-1891) am 12. August 1848, im Revolutionsjahr, in Heiligenstadt geboren. Er heiratete am 4. Mai 1875 in Heiligenstadt, in der katholischen Pfarrkirche St. Aegidien, Margarete Wöhrle, geboren am 13. Januar 1854 in Heiligenstadt als Tochter des Kaufmanns Georg Wöhrle und seiner Ehefrau Barbara, geborene Mock.

Dr. Franz Heinevetter wurde als 5. Kind von Georg Johann Heinevetter und seiner Ehefrau Katharina am 4. April 1885 in Treffurt geboren. Dies, nachdem sein Vater Georg, der zunächst in Dingelstädt/Eichsfeld im preußischen Staatsdienst als Gerichts Aktuar, so die Berufsbezeichnung in der Heiratsurkunde von 1875, tätig war, nach Treffurt versetzt und dorthin gezogen war. Hier war Georg als preußischer Rechnungsrat zwischen etwa 1878 und 1885 tätig. Der preußische Rechnungsrat gemäß des Preußischen Hofrangreglements von 1878 rangierte in der fünften Rangklasse der Räte.

Dr. Franz Heinevetter ging dann zumindest in den oberen Gymnasialklassen in Erfurt zur Schule und legte im Herbst 1905 sein Abitur in Erfurt ab. Damit muss der Vater Georg um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert als preußischer Beamter nach Erfurt versetzt worden sein. Anschließend studierte Dr. Franz Heinevetter in Leipzig und Breslau u. a. Altertumswissenschaften und promovierte im Jahre 1912 zum Dr. phil. in Breslau. Der Titel seiner Inaugural-Dissertationsschrift lautete: “Würfel- und Buchstabenorakel in Griechenland und Kleinasien“.

Am 10. Februar 1912 erfolgte der Vortrag zur Promotion an der philosophischen Fakultät der Königlichen Universität zu Breslau. Bereits am 4. November 1912 heiratete er in Breslau seine Frau Martha, geb. Schneider (geb. 15. November 1887 in Breslau). Am 27. August 1914 (Beginn des 1. Weltkrieges) kam die gemeinsame Tochter Eva Heinevetter in Breslau zur Welt.

Bekannt ist noch, dass er später von Breslau aus schon im Gründungsausschuss des Oberschlesischen Museums zu Gleiwitz tätig war und dann von Breslau nach Gleiwitz zog, um von Mai 1922 bis Frühjahr 1945 mit großem Sachverstand als 1. Direktor das Oberschlesische Museum in Gleiwitz zu leiten.

Im Jahre 1930 schrieb Dr. Franz Heinevetter aus Gleiwitz an seinen Vetter, Heinrich Heinevetter (1887 – 1931), Großvater des Autors, in Heiligenstadt. Dieser Brief hat fast 90 Jahre überdauert und wurde im Nachlass des Sohnes von Heinrich, Albert Heinevetter (1930-2016), unerwartet aufgefunden.

Leider verstarb Heinrich Heinevetter (* 1887) plötzlich im Frühjahr 1931 und hinterließ seine Frau Sophie, geb. Huschenbett (1895-1975), mit 5 kleinen Kindern. Der jüngste Sohn Albert war damals gerade ein halbes Jahr alt.

So sind sich die Vettern Franz & Heinrich Heinevetter mit ihren Familien wohl leider nicht mehr begegnet.

Erhalten hat sich aus der Tätigkeit von Dr. Franz Heinevetter im Oberschlesischen Museum zu Gleiwitz bis in die heutigen Tage nicht sehr viel, jedoch konnte durch Forschungen des sehr geschätzten Forscherkollegen Dr. Stefan Pioskowik, Myslowitz, u.a. eine Wochenzeitschrift aus dem Jahre 1934 ausfindig gemacht werden, in der ein Beitrag zu finden ist über das für das Museum von Dr. Franz Heinevetter nachgestaltete Modell des Burgstädtchens Tost in Oberschlesien. Zudem stamm sehr wahrscheinlich ein Holzmodell der Stadt Gleiwitz, erstellt vor 1930, aus seiner Hand.

Später in den Kriegsendwirren in Schlesien im Frühjahr 1945 ging Dr. Franz Heinevetter mit hoher Wahrscheinlichkeit mit seiner Tochter Eva aus Oberschlesien nach Erfurt zurück zu seiner Schwester Anna Hergert, geb. Heinevetter.
Albert Heinevetter hat Eva Heinevetter ca. 1950 dort in Erfurt noch getroffen. Leider ist die Verbindung zu den Verwandten in Erfurt, Fam. Hergert und Fam. Kokorski, in der Nachkriegszeit und den 1950er – 1970er Jahren später allmählich abgebrochen. Dr. Franz Heinevetter wohnte zuletzt in der Eobanstraße 3 in Erfurt und verstarb am 11. April 1949 in Erfurt.

Im Jahre 2015 führten umfangreiche Recherchen zu Dr. Franz Heinevetter den Autor ins Stadtarchiv nach Erfurt. Dort konnten einige Urkunden und Belege zur Familie Heinevetter zu ihrer Erfurter Zeit via Mikrofilm aufgefunden werden. Die Verfilmung der gesamten Standesamtsunterlagen bis knapp Anfang der 1940er Jahre und die externe Sicherung dieser Filme bewahrte dieses unersetzliche Archivmaterial vor der Zerstörung durch die Bombardierung Erfurts im 2. Weltkrieg, obgleich dennoch einige Filmrollen dabei vernichtet wurden oder verloren gingen.

Somit bietet das Erfurter Stadtarchiv, wie viele andere Stadtarchive auch, eine unersetzliche Originalquellenlage für heimatsgeschichtliche und Familienforschungszwecke – ein Besuch, mit entsprechender Voranmeldung und konkreten Suchzielen lohnt in jedem Falle.

Ein Ausgangspunkt weiterer Recherchen zu Dr. Franz Heinevetter war eine Suchanfrage des Autors im September 1999 an die Liste der AgoFF und der AMF mit der Bitte um Unterstützung bei der Suche nach Lebensdaten zur Familie Georg und Franz Heinevetter.

Später, Mitte 2015, meldete sich ein Forscherkollege aus Spanien, der auf Dr. Stefan Pioskowik, Myslowitz (bei Kattowitz), verwies. Gemeinsam mit ihm und dank seiner intensiven Unterstützung konnten wichtige Details in den polnischen Archiven zu Breslau aufgefunden werden.

Eine posthume Würdigung in der Heimat der Eltern, im Eichsfeld, erfuhr Dr. Franz Heinevetter durch die Aufnahme in das Standardwerk “Gestalten des Eichsfeldes – ein biografisches Lexikon” von Bernhard Opfermann, Verlag F. W. Cordier, Heiligenstadt, 1. Aufl. 1968, 2. Aufl. 1999.

Bei Drucklegung dieses Werkes 1999, waren jedoch die später recherchierten Informationen zum weiteren Leben und Wirken bis zur Rückkehr nach Erfurt offensichtlich noch unbekannt.

Gern können Sie weitere spannende Details der detektivischen Suche nachlesen & vertiefen – hier geht es zum Beitrag auf herrnschmiede-heinevetter.de